07.06.2023

Kommentar: "Petrus hilft beim Saisonstart"

Thomas Kühlwetter: "Fest steht, dass das witterungsbedingt niedrigere Angebot wahrscheinlich einen wichtigen Beitrag zur Festigung der Preise geleistet hat."

Anstehende Mindestlohnerhöhung, allgemeine Wirtschaftslage, Bürokratie, politische Vorhaben,... bieten aber kaum Anlass zur Euphorie

Nach dem Verlauf der letztjährigen Saison und der Entwicklung in der Wirtschaft sowie den Analysen zum Verbraucherverhalten in den Folgemonaten war die Stimmung auf vielen Spargel- und/oder Beerenobstbetrieben häufig angespannt und es verlangte schon eine Menge Optimismus, um positiv nach vorne zu schauen. Aber oftmals ist es genau diese Form von Optimismus, die den Unterschied ausmacht und den Unternehmer  zu dem macht, was er in tiefstem Sinne ist: Unternehmer ….. und eben nicht Unterlasser.

In vielen Regionen Deutschlands war das Frühjahr feucht und kalt. Auch wenn man sich vielleicht die ein oder andere längere Trockenphase und deutlich mehr Sonnenstunden wünschte, so hat der Verlauf des Frühjahrs 2023 aus Sicht vieler Spargel- und Erdbeeranbauer auch  viel Positives. Auf den Spargelfeldern waren die Arbeitsabläufe auf Grund der Witterung zwar häufig erschwert, die Erträge reduziert und die Erdbeerflächen mussten häufig zum Schutz vor Frost mit Folie abgedeckt werden, auf der anderen Seite war der Markt nicht überversorgt. Angebot und Nachfrage hielten sich lange die Waage, was auch dazu führte, das Preisniveau weitgehend stabil zu halten.

Zum Saisonstart der Erdbeeren  sowie in den ersten Wochen der Saison zeigte sich, dass alle Befürchtungen einer Überlappung des Angebotes aus Südeuropa und aus der niederländischen Gewächshausproduktion mit der deutschen Frühware, sich zum Glück als ungerechtfertigt entpuppten. Aber es hätte auch durchaus anders kommen können, ganz anders. Und dann wäre das Jammern nach einer für viele Betriebe eher unbefriedigenden Saison  in einem anderen Licht erschienen. Also ist die Freude darüber berechtigt, wie  es gelaufen ist. Nicht vergessen darf man dabei, dass Petrus seine Hände mit im Spiel hatte. Wie groß die Auswirkungen der Witterung letztendlich für das Gelingen des Saisonstarts waren, ist dabei allerdings kaum exakt zu ermitteln.

Fest steht, dass das witterungsbedingt niedrigere Angebot wahrscheinlich einen wichtigen Beitrag zur Festigung der Preise geleistet hat. Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es in einem normalen oder sogar heißen Frühjahr anders aussehen dürfte und die Frage nach einem ausgeglichenen Verhältnis von Angebot und Nachfrage nicht dem Zufall überlassen werden darf. Dabei sind beide keine festen Größen und unterliegen vielen Variablen. Eine Flächen- und Mengenbegrenzung wird häufig als Lösung der Probleme ins Gespräch gebracht und wahrscheinlich wird es auch auf Dauer nicht gelingen, ohne eine solche Reduzierung erfolgreich die Zukunft zu gestalten.

Doch warum nicht auch einmal in die andere Richtung denken und versuchen, die Nachfrage zu stimulieren, neue Kundenkreise über eine Diversifizierung des Angebots oder mit gezielten Marketingmaßnahmen anzusprechen. Der „Tag des deutschen Spargels“ war vielleicht schon mal ein  erster Versuch in diese Richtung, viele Betriebe und Einzelhändler haben sich mit den unterschiedlichsten Aktionen beteiligt und so Werbung für das Produkt gemacht und Kunden angesprochen.

Gezeigt hat sich aber auch, dass zumindest eine gewisse Schicht von Verbrauchern bereit und in der Lage ist, Spargel und Beerenfrüchte zu einem angemessenen Preis zu kaufen. Vielleicht kann eine weitere Produktsegmentierung, wie z.B. bei Tomaten schon lange üblich, dazu beitragen, die Kauffrequenz und die Käuferreichweite zu verbessern. Bemerkenswert ist, wie eine der großen Discounter sich im Vorfeld der Saison dazu verpflichtet hat, nach dem Start der deutschen Saison nur noch Spargel aus deutschem Anbau zu vermarkten. Kurz später folgte vom gleichen Discounter die Zusage, während der Hauptsaison auch nur noch Erdbeeren aus deutschem Anbau zu vermarkten. Andere Handelshäuser folgten, wenn auch nicht in gleichem Umfang. Trotzdem ist das Vorgehen ein hervorragendes Beispiel dafür, wie ein klares Bekenntnis zur regionalen Produktion in gelebte Praxis umgesetzt werden kann – Nachahmung erbeten!

Am Ende darf aber all dies nicht dazu führen, die nach wie vor anstehenden Herausforderungen aus den Augen zu verlieren. In wenigen Wochen berät die Mindestlohnkommission über die „Anpassung“ des Mindestlohns, bei dem Deutschland hinter Luxemburg, dessen Bürger im Schnitt das 2,5-fache im Vergleich verdienen, Platz zwei im EU-Ranking belegen. Man darf auf das Ergebnis, das auf die Wirtschaftlichkeit der Betriebe in unserer Branche großen Einfluss hat, sehr gespannt sein, zumal der Bundesarbeitsminister sich schon im Vorfeld aktiv in die Diskussion eingebracht hat. Auch die allgemeine Wirtschaftslage, die zuweilen ausufernde Bürokratie und Flut an Vorschriften, die unsere Betriebe zu beachten haben, oder der Entwurf der EU zur zukünftigen Gestaltung der Pflanzenschutzanwendung u.a. dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

Doch jetzt bleibt zunächst einmal die gesamte Aufmerksamkeit auf den weiteren Verlauf der Saison gerichtet – dazu wünsche ich Ihnen im Namen unserer Redaktion viel Glück und Erfolg in den kommenden Wochen und Monaten.

Thomas Kühlwetter