Mit dem Condor über den Spargel
von Thomas Gaul
Pflanzenschutz im Spargel ist etwas für Spezialisten. Die Reihenkultur mit Pflanzen, die im Spätsommer rund 150 cm hoch werden, setzt besondere Technik voraus. Doch die spezialisierte Technik hat den Nachteil, dass sie wiederum in anderen Kulturen nicht eingesetzt werden kann.
Dass es auch anders geht, zeigt eine Innovation, die in Thüringen im Einsatz ist. Der niederländische Hersteller Agrifac rüstete eine selbstfahrende Pflanzenschutzspritze des Typs Condor mit einem Vertikalgestänge für den Einsatz im Spargel aus. Das Gestänge lässt sich leicht an- und abbauen, so dass mit dem Gerät sämtliche Pflanzenschutzmaßnahmen auf den 1 400 ha des Ackerbaubetriebes mit Sonderkulturen durchgeführt werden können.
„Wir wollten Synergien zum Ackerbaubetrieb schaffen, um nicht in mehr Technik als unbedingt nötig zu investieren“, nennt Henrik Imholze, Betriebsleiter des Agrarbetriebes Kutzleben, seine Motivation für die Anschaffung des Agrifac-Selbstfahrers. Im Ackerbau wurde in Kutzleben schon seit längerer Zeit mit Selbstfahrern gearbeitet. Auf den Spargelflächen des Betriebes, die insgesamt 225 ha umfassen, kam bislang ein umgebauter Traubenvollernter eines deutschen Fabrikats zum Einsatz. Doch trotz eines Wasserwagens, der laufend für Nachschub sorgte, war die Flächenleistung zu gering. „Jetzt schaffen wir 80 bis 100 ha am Tag“, betont Imholze.
Von der Terminierung der Pflanzenschutzmaßnahmen her gesehen, passen Ackerbau und Spargel eigentlich gut zusammen. Während in den Ackerkulturen der Schwerpunkt der Pflanzenschutzmaßnahmen im Frühjahr und im Herbst liegt, wird der Spargel in den Monaten von Juni bis September behandelt.
Für den Spargel ist in Kutzleben Jan-Niclas Imholze zuständig, Leiter des Spargelhofes. Bei der Anschaffung der Technik stimmt er sich jedoch eng mit seinem Bruder Henrik ab, zumal ja beide die Technik in ihren Betrieben möglichst gemeinsam nutzen wollen.
Bodenfreiheit wichtig
Welche Kriterien waren nun bei der Anschaffung der neuen Pflanzenschutztechnik ausschlaggebend? „Dazu gehörten für uns die Bodenfreiheit, der Anbau eines Vertikalgestänges und die Verfügbarkeit eines Services in unserer Region“, zählt Henrik Imholze auf. In puncto Bodenfreiheit ist der Condor mit 125 cm auf der sicheren Seite. Das bietet anderen Ackerbaubetrieben auch die Möglichkeit, das Gerät beispielsweise zur Zünslerbekämpfung im Mais einzusetzen.
Gestänge kann schnell umgebaut werden
Beim Gestänge lautete die Vorgabe, dass ein Umbau mit zwei Personen nicht länger als eine halbe Stunde dauern darf. Die Kutzlebener haben in enger Zusammenarbeit mit Agrifac echte Pionierarbeit geleistet, denn der Condor in Kutzleben ist das erste Gerät für den kombinierten Einsatz, ohne dabei jedoch Kompromisse zu Lasten der Sonderkultur oder der klassischen Ackerfrüchte zu machen. Das Vertikalgestänge wird am normalen Spritzgestänge eingehängt. An den Balken des Vertikalgestänges sind seitlich jeweils vier Mehrfachdüsenträger, die in der Höhe auch verstellbar sind, übereinander angeordnet. Unten arbeiten die Düsen für Herbizide, oben für Fungizide. Im Spargel arbeitet der Condor mit einer Arbeitsbreite von 24 m. Montiert sind dabei 12 Vertikalgestänge, so dass 13 Spargelreihen behandelt werden können. Inzwischen kann das Vertikalgestänge auch an alle anderen Agrifac-Spritzen angebaut werden.
Hoher Fahrkomfort
Gesteuert wird die Technik wie bei modernen Pflanzenschutzgeräten üblich per Bordcomputer und Joystick. Beeindruckend ist der Fahrkomfort des Condor: Auch bei schneller Fahrt über holprige Feldwege oder bei der Einfahrt in die Spargelreihen kommt durch die Federung nichts im Fahrerhaus an. Die Spurweite der Spritze kann aus der Kabine heraus schnell und einfach verstellt werden. Der Condor fährt auf 480er Reifen, was im Ackerbau auch zur Reifenbreite des gezogenen Düngerstreuers passt.
Nach über 1000 ha Einsatz im Spargel sind die Kutzlebener zufrieden mit dem Condor, der in diesem Jahr seine zweite Saison absolviert. „Wir wollen kosteneffizient produzieren, aber High-Tech Pflanzenschutz betreiben“, so die Überzeugung der Brüder Imholze. In den Niederländern haben sie dabei adäquate Partner gefunden. „Sie sind innovativ und denken unkonventionell“, lobt Henrik Imholze. Sein Bruder Jan-Niclas ergänzt: „Auch wir gehen gerne neue Pfade und probieren etwas aus.“