Gemeinsamer Start in die Erdbeersaison
Erdbeerstammtisch in Coesfeld auf dem Hof Rahmann
Am 15. Mai 2024 lud die Beerenobstberatung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit dem Obstbauverband Westfalen-Lippe zum Erdbeerstammtisch nach Coesfeld auf den Hof Rahmann ein. Hauptprogrammpunkte waren neben einer großen Erdbeersortenverkostung aus verschiedenen Anbausystemen und Betrieben aus ganz Nordrhein-Westfalen ein Betriebsrundgang sowie die Urkundenverleihung für die Zertifizierung zum „Anerkannten Obstbaufachbetrieb des Obstbauverbandes Westfalen-Lippe“ für mehrere Betriebe.
Mit rund 60 Teilnehmenden war der Erdbeerstammtisch auch in diesem Jahr wieder gut besucht. Stefan Kraege, 1. Vorsitzender des Obstbauverbands Westfalen-Lippe, und Gastgeber Andreas Rahmann hießen die Besucher zu Beginn willkommen. Anschließend gaben die beiden erfahrenen Beerenobstberater Ulrich Herm und Ulrich Bußmann eine kurze Einschätzung zur aktuellen Situation auf den Betrieben und den Kulturen im Rheinland sowie in Westfalen. In beiden Anbauregionen verlief der Erntestart in den Tunneln gut. Allerdings bereitete die anhaltende Nässe auf den Flächen den Betrieben in diesem Jahr zunehmend Probleme.
Die beste Erdbeersorte für den Betrieb finden
Weiter ging es mit der Sortenverkostung. Auf einer langen Tafel war eine große Vielfalt an einmaltragenden und remontierenden Erdbeersorten aus allen Kulturverfahren angerichtet worden, sodass sich die Betriebe einen guten Überblick über die Fruchtqualität und den Geschmack der verschiedenen Sorten verschaffen konnten. Bevor jedoch die geschmackliche Verkostung begann, gaben Sarah Meyer, Versuchsingenieurin in Auweiler, und Simon Schrey,Versuchsleiter in Auweiler, einen kurzen Einblick über die aktuellen Entwicklungen im Sortenprogramm und mögliche neue Kulturverfahren.
Neben der bereits etablierten sehr frühen Sorte `Flair´ (Flevo Berry) und der etwas späteren Hauptfrühsorte `Clery´ (CIV) stellte Sarah Meyer noch einige neuere Frühsorten wie beispielsweise `Twist´ (Fresh Forward) sowie `Glorielle´ und `Seraphine´ (beide Kraege Beerenzüchtung) vor. Sarah Meyer berichtete, dass die neue Sorte `Seraphine´ (Erntezeitraum ähnlich wie `Clery´) in den Sortenversuchen am Versuchszentrum in Köln-Auweiler durch sehr gute Fruchteigenschaften überzeuge, bei jedoch etwas niedrigerem Ertragsniveau als `Clery´. „Die Sorte `Magnum´ (Marionnet) zeichnet sich in diesem Jahr durch einen guten Geschmack auch bei höheren Temperaturen aus“, fuhr Sarah Meyer fort. Die neue Sorte `Jack´ (Hansabred), Erntestart dieses Jahr vier Tage vor `Clery´, zeigte auf Stellage bereits gute Ergebnisse in Geschmack und Ertrag und wird in dieser Saison zum ersten Mal im Dammanbau im Tunnel geprüft. `Rosaria´, eine weitere interessante mittelfrühe Sorte aus dem Hause Kraege Beerenzüchtung, überzeugt durch guten Geschmack und ein hohes Ertragspotential. Aufgrund der sehr langen Fruchtstände empfiehlt Sarah Meyer, diese jedoch auf hohem Damm oder auf Stellage zu kultivieren. Neben den Tunnelsorten stellte Sarah Meyer auch Juniträgersorten aus dem Bio-Anbau und weitere Sorten für den Anbau auf Stellage vor.
Bei den remontierenden Sorten gibt es ebenfalls einige Neuerungen. Vielversprechend sind hier neben etablierten Sorten wie `Favori´ oder `Hademar´ (beide Flevo Berry) unter anderem die neuen Sorten `Karima´ (Mattivi) und `Florice´ (Flevo Berry). Beide zeichnen sich durch sehr gute Fruchtqualitäten aus. Häufig werden Remontierer als Terminkultur auf Stellage im Frühjahr gepflanzt. Aber auch eine Herbstpflanzung als Topfgrünpflanze im Tunnel im Boden hat sich laut Simon Schrey in Auweiler bewährt. „Bei diesem Verfahren können im ersten Erntefenster im Frühjahr rund 80 % des Ertrages eines durchschnittlichen Juniträgers erzielt werden“, erläuterte Simon Schrey.
Betriebsrundgang Hof Rahmann
Anschließend führte Betriebsleiter und Gastgeber Andreas Rahmann die Teilnehmenden über den eigenen Beerenobstbetrieb. Angefangen bei der Selbstpflückanlage auf Stellage im Tunnel direkt am Hofladen, über die regengeschützten Himbeeranlagen bis hin zu seiner neuen Stellagenanlage unweit der Hofstelle konnten sich die Gäste einen umfassenden Überblick über die Betriebsstruktur verschaffen. Das nachfolgende Beisammensitzen bei Kuchen, Kaffee und hofeigenem Eis bot genug Gelegenheit, sich über das Gesehene auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.
Update Pflanzenschutz
Denise Helms (Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer NRW) gab den Betrieben nebenbei ein Update über die anstehenden Änderungen im Bereich des Pflanzenschutzes. Unter anderem verwies sie auf das Zulassungsende des Insektizids Movento SC 100 und die entsprechende Aufbrauchfrist bis Ende Oktober 2025 (Abverkaufsfrist Oktober 2024). Ein weiterer wichtiger Hinweis für die Praxis: „Bei der Anwendung des bewährten Blattlausmittels Teppeki sollte nach Hinweis des Herstellers auf eine Beimischung ölhaltiger Mittel und Zusatzstoffe verzichtet werden, um die bestmögliche Wirkung zu erzielen“, erklärte Denise Helms. Sie betonte zudem, dass in diesem Jahr mit einem hohen Mehltaudruck, insbesondere in Stachelbeeren, zu rechnen sei.
Nützlingseinsatz zunehmend im Fokus
Durch den zunehmenden Wegfall von Pflanzenschutzmitteln wird der Nützlingseinsatz immer häufiger zum Thema in den Beerenobstbetrieben. Steffen Finder (Beerenobstberater LWK NRW) gab auch hier einen Überblick über die aktuelle Situation in den Beständen. „Bedingt durch die warme Witterung zu Jahresbeginn traten Blattläuse und Spinnmilben in diesem Jahr bereits sehr früh auf. Auch erste Thripse wurden in Tunnelanlagen im Rheinland bereits Mitte April beobachtet. Aber auch die natürlichen Gegenspieler wie Raubmilben oder Schlupfwespen etablieren sich durch die aktuelle Witterung im Freiland gut“, berichtete Steffen Finder.
Urkundenverleihung „Anerkannter Obstbaufachbetrieb“
Stefan Kraege konnte einigen Betrieben die Urkunde zum Anerkannten Obstbaufachbetrieb überreichen. Aufgrund der zeitlichen Anspannung während der Saison konnten nur wenige Betriebe die Urkunde persönlich entgegennehmen. Insgesamt wurden 13 Betriebe ausgezeichnet.
Das Zertifikat ist Ausdruck einer sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Arbeitsweise auf den Betrieben. Zur vorhergehenden freiwilligen Betriebsprüfung fährt ein Expertengremium aus einem Mitglied des Obstbauverbandes Westfalen-Lippe, einer Fachkraft des Pflanzenschutzdienstes der LWK NRW, einer betriebsleitenden Person aus einem anderem Obstbaubetrieb, sowie einer Beratungskraft der LWK NRW auf den jeweiligen Betrieb und beurteilt dessen Strukturen. Sachgerechter Umgang mit Pflanzenschutzmitteln sowie die Kulturführung nach guter fachlicher Praxis spielen bei den Bewertungskriterien die Hauptrolle.
Auch im nächsten Jahr ist für Mitte Mai wieder der Erdbeerstammtisch geplant. Die Veranstalter bedanken sich für das Interesse und hoffen auf ein Wiedersehen im nächsten Frühjahr.
Samuel Adams, LWK NRW
(Artikel aus SEP 04/24)