23.01.2025

Revolutioniert Dyson auch den Erdbeeranbau?

Foto: Dyson

Im November 2024 kündigte die neu gewählte Labour Regierung an, die Befreiung von der Erbschaftssteuer für landwirtschaftliche Betriebe ab einer Million Pfund aufheben zu wollen, was zu Massenprotesten im gesamten Königreich führte. 32 Jahre zuvor war die Übertragung von landwirtschaftlichen Betrieben zwischen den Generationen unter dem konservativen John Major zum Schutz der Ernährungssicherheit von der Steuer befreit worden. Die neue Regelung soll im April 2026 in Kraft treten und sieht eine Erbschaftssteuer von 20 % auf Beträge über diesem Schwellenwert vor. 

Die Landwirte führen ins Feld, dass sie zwar reich an Vermögen, aber arm an Bargeld seien, was zu einer Situation führe, in der Erben Ackerland verkaufen müssten, um ihren Steuerpflichten nachkommen zu können. Befürworter der Änderung argumentieren damit, dass wohlhabende Privatpersonen Ackerland kaufen, um der Erbschaftssteuer zu entgehen. Regierungsangaben zufolge würde die Maßnahme etwa 27 % der landwirtschaftlichen Betriebe im Vereinigten Königreich (ungefähr 56 700 landwirtschaftliche Betriebe) betreffen.

Wütend machten die Steuerpläne der Labour-Regierung auch Staubsauger- Milliardär James Dyson, der sich als einer der schärfsten Kritiker der neuen Erbschaftsteuer auf Landwirtschafts- und andere Familienbetriebe hervorgetan hat. Als „bösartig“ bezeichnete Dyson die Budgetpläne von Finanzministerin Rachel Reeves in einem Gastkommentar in der „Times“. „Kein Unternehmen kann Reeves’ zwanzigprozentigen Steuerzugriff überleben“, schimpfte er. Nicht weniger als den „Tod des Unternehmertums“ sehe er kommen.

Dass der 77 Jahre alte Unternehmer und Erfinder sich so sehr für die Steuerbelastung der Bauern interessiert, könnte auch daran liegen, dass er selbst eines der größten Landwirtschaftsunternehmen des Vereinigten Königreichs zusammengekauft hat. Besonders in Lincolnshire im Nordosten Englands, wo es sehr gute Böden gibt, sowie in Somerset im Südwesten hat er im vergangenen Jahrzehnt große Flächen erworben.

Insgesamt fast 15 000 ha Land gehören der Dyson Farming Ltd. Damit ist der Mann, der mit der Erfindung von Hightech-Staubsaugern, Hände- und Haartrocknern zum fünfreichsten Briten aufstieg, inzwischen auch unter den fünf größten Produzenten für Getreide, Bohnen und Kartoffeln des Landes angekommen. Neben den klassischen Ackerbaukulturen baut Dyson auch Erdbeeren im großen Stil an. Auf seiner Farm in Lincolnshire wachsen mehr als eine Million Erdbeerpflanzen in Gewächshäusern, die mit LED-Lichtern beleuchtet werden.

Die Gewächshäuser mit insgesamt mehr als 100 000 m2 Fläche sind hoch technisiert. So erspähen Roboter des Start-ups Dogtooth aus Cambridgeshire mit optischen Sensoren die reifen, roten Früchte. Ein Greifarm pflückt und legt sie in Kisten. Alles ist so weit automatisiert wie nur möglich. Dank des Einsatzes von UV-Licht kommen so gut wie keine Fungizide zum Einsatz. Rund 1 250 t Erdbeeren sind der Lohn der Mühen. Der Bioabfall wird in großen Faultürmen vergoren, und das daraus entstehende Gas und die Wärme wird für die Beheizung der Treibhäuser genutzt.

Mehr als 140 Mio. Pfund hat Dyson nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren in die Modernisierung seiner gleichnamigen Farming Limited investiert. Und er plant Großes, auch wenn der ausgewiesene Gewinn von fünf Mio. Pfund angesichts der großen Investitionen eher mäßig scheint. Kritiker werfen ihm (und anderen Promi- Landwirten wie Jeremy Clarkson) vor, sie wollten mit ihren Farmen lediglich Steuern sparen. Dyson weist dies zurück.

Bei dem angenommenen Wert seiner Farmaktivitäten in Höhe von gut 600 Mio. Pfund und möglichen rund 120 Mio. Pfund Erbschaftsteuer, haben seinen Beteuerungen, die Investitionen in die Landwirtschaft dienten garantiert nicht dem Zweck, Erbschaftsteuer zu vermeiden, zumindest einen Beigeschmack. Zumal der dreifache Vater und sechsfache Großvater vor fünf Jahren auch bereits seine Firma nach Singapur verlegt hatte – auch dies selbstredend nicht aus steuerlichen Gründen.

Die Motivation für sein Engagement in der Landwirtschaft sei eine andere, beteuert Dyson. Er wolle helfen, moderne Technologien und nachhaltige Anbaumethoden zu etablieren, sowie dazu beitragen, die Lebensmittelqualität und Versorgungssicherheit insgesamt zu verbessern. Der Absolvent des Londoner Royal College of Art hatte sich ab den Siebzigern in technische Erfindungen und Konstruktionen vergraben und ließ sich dabei von Fehl- und Rückschlägen nicht entmutigen.

Seine ersten Ideen wie das Transportboot Sea Truck floppten, ebenso die eigenwillige Konstruktion einer Schubkarre, die nicht auf einem Rad, sondern auf einer Kugel rollen sollte. Auch der Wasser-Quad wurde kein Erfolg. Erst mit dem effizienten Hightech-Staubsauger, der ohne Beutel (und später ohne Stromkabel) auskommt, gelang Dyson der Durchbruch. Angeblich hat er in fünf Jahren 5 127 Prototypen gebaut, bis ihn das Ergebnis endlich befriedigte. In dieser Zeit war die Familie knapp bei Kasse, sie lebten vom Gehalt von Dysons Frau, einer Kunstlehrerin.

Auch die Markteinführung war schwierig. Da die britische Industrie abwinkte, ging Dyson nach Japan. Schließlich wurde der Staubsauger ein globaler Markterfolg. „Der Dyson“ ist inzwischen ein Haushaltsname, mehr als zehn Millionen Briten nutzen ihn. In den meisten Ländern hat die Firma einen Marktanteil von mehr als 20 %, in Deutschland sind Dyson-Staubsauger beliebter als die heimischen Marken Miele und Bosch. Immer neue Modelle designen Dysons Ingenieure im Forschungs- und Entwicklungszentrum in Malmesbury, Südengland.

Verglichen mit den Hightech-Produkten in Dysons Sortiment, die in den jeweiligen Produktkategorien oft marktbeherrschend wurden, scheint der Konkurrenzkampf im Erdbeergeschäft vergleichsweise hart. Dysons Erdbeeren, die er über die Supermarktketten Sainsbury’s und Marks & Spencer verkauft werden, liegen preislich am obersten Ende. Künftig soll mit mehr Union-Jack die britische Herkunft noch stärker hervorgehoben werden. Einblick in das Hightechgewächshaus gewährt https://tinyurl. com/4prt9ty3.

Tim Jacobsen

(Artikel aus SEP 01/25)